Palimpsest Architektur | Rathaus Pula

Wie bei den den bis ins Mittelalter immer wieder überschriebenen Pergamenten – Palimpseste – lässt sich Architektur und das städtische Gefüge als Ablagerung verschiedener Zeitschichten lesen und verstehen. Dies erfordert allerdings einen geschärften Blick. Das Rathaus in Pula, Koratien, ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie sich die verschiedenen Epochen im städtebaulichen Massstab miteinander dialogartig verbinden: griechischer Tempel, venezianischer Palazzo, Überformung der Nachkriegszeit. Auch aus der Nähe betrachtet sind die Bauphasen deutlich ablesbar. Sie prägen das pittoreske, über die Zeiten immer wieder überarbeite Erscheinungsbild.

Der ehemalige Balser Stadtbaumeister Carl Fingerhut thematisiert die «Stadt als Geschichtsbuch» in einem lesenswerten Aufsatz in der Neuen Zürcher Zeitung und überträgt sie auf Zürcher Verhältnisse. Die geplante brachiale Umstrukturierung des Zücher Hochschulquartiers wird darin als ahistorische Antithese zu einer behutsamen städtischen Entwicklung gegeisselt.


Foto: Reto Gadola