Umbau Weinbauernhaus D.-G. | Stäfa

Die jahrhundertealte Geschichte des Hauses und die wechselnden Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner haben sich in zahlreichen Schichten «abgelagert» und bildeten ein kurioses Neben- und Übereinander aus verschiedenen Zeiten: vom imposanten Weinkeller aus den Anfängen des Hauses über gestrichene Täfelungen und Holzböden unterschiedlichster Ausführung und Qualität, einem stimmungsvollen Nähatelier aus den 1950er Jahren bis hin zur stickigen Küche aus den 1970ern und historisierenden Einbauten jüngeren Datums.


Bei der Auffrischung des Hausinnern sollte der Charme der «Ablagerungen» bewahrt werden, ohne einem dogmatischen Restaurations- oder Konservierungstrieb zu verfallen. So wurde etwa das Holz der Treppentritte freigelegt und die aus der Mode geratenen beigen Teppiche durch irisierendes dunkelgraues Linoleum ersetzt. Über eine neue Farbgebung von Treppe und Vorplätzen wurde eine neue, «gedimmte» Stimmung angestrebt: Auf den charaktervollen Kratzputz aus den 1950er Jahren wurde neben einem stark ins Beige abgetönten Weiss intensive Farben aufgetragen. Die Zimmer hingegen wurden «as found» belassen, oder, falls aus baulichen Gründen nötig, mit einem glänzenden, strahlend weissen Farbanstrich versehen.

Im Erdgeschoss wurde die räumliche Konstellation «umgepolt». Über einen minimalen, aber präzisen Eingriff wurde das kammerartige Raumgefüge aufgebrochen und ein modern fliessender Raum eingefügt: Küche und Stube bilden neu eine Sequenz, welche die Nähe der fremden Blumen mit der Weite der Sicht auf den Zürichsee verbindet. Die eigentliche Kücheneinrichtung ist dabei Teil einer räumlich-plastischen Gestaltung, welche den Übergang zwischen Küche und Stube fasst und zugleich technische und funktionale Anforderungen – wie etwa das weggefallene WC – auf selbstverständliche Art und Weise zu integrieren vermag.


In einer zweiten Phase wurde die grosse Winde mit ihrem liegenden Dachstuhl mit einer Dämmung aus Zellulosefasern versehen und ein Badzimmer eingefügt. Ein kleines, nordseitiges Oblicht verleiht dem zeltartigen, scharf geschnittenen Raum eine intensive Lichtstimmung. Die zeitgenössische Formensprache mit Verspiegelungen und blauem Kieselmosaik und kontrastiert mit einzelnen «objets trouvés» – Waschtisch aus den 1970ern, Mischbatterie aus den 1950ern – und dem totemartig inszenierten Kehlbalken aus dem 19. Jahrhundert.

Die Neufassung des Fassadenanstrichs ist von einer fast klassischen Zurückhaltung geprägt, das markante Gebäudevolumen soll sich mit einer zeitlosen Präsenz ins Quartier einfügen: Marmorweiss als Grundfarbe, Fenstereinfassungen Sandsteingrau, Fensterläden Tannengrün, Traufen Ochsenblut. Lediglich einige sekundäre Elemente sind mit der Kontrastfarbe Grellorange angelegt und setzen – bei genauer Betrachtung – einzelne Akzente.

Umbau Flarzhaus D.-G.., Stäfa
Grösse: M
Ausführung: 2005/2009

Aufgabenstellung: Innenrenovation, Neukonzeption Küche und Bäder, Fassadenrenovation, Gartengestaltung

Bauherrschaft: privat

Atelier Reto Gadola: Eingriffskonzept, Planung, Baukosten, Ausführung und Bauleitung

Publikation: Brigitte Kesselring, «Frisch gestrichen», in: Trendmagazin Küche und Bad 2006/2007, S. 40-44.

Fotos: Reto Gadola